Das Historische Kolleg im Forschungskolleg Humanwissenschaften
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Das Historische Kolleg ist eine Programmlinie des Forschungskollegs Humanwissenschaften mit Sitz in Bad Homburg – seinerseits eine Kooperation der Goethe-Universität mit der Werner Reimers Stiftung. Von Seiten der Universität zeichnet das Historische Seminar für das wissenschaftliche Programm verantwortlich. Pro Jahr werden zu einem gemeinsamen Thema Fellows eingeladen, deren Aufenthaltsdauer von wenigen Wochen bis zu einigen Monaten betragen kann.
Das Historische Kolleg ist ein Ort des persönlichen kommunikativen Austausches und der Entwicklung neuer Fragestellungen zu aktuellen Forschungsthemen der Geschichtswissenschaft. Den Fellows wird ein experimentierfreudiger Arbeitszusammenhang geboten, in dem sie neue Projekte besprechen und auf den Weg bringen können. Die Einbettung des Historischen Kollegs in den Kontext des Forschungskollegs Humanwissenschaften sorgt für einen kontinuierlichen interdisziplinären Austausch. Als Angehörige des Historischen Kollegs wirken die Fellows in zwei weitere Richtungen: auf der einen Seite bei Gastvorlesungen an der Goethe-Universität und wissenschaftlichen Kolloquien, auf der anderen Seite steht der Dialog mit der Gesellschaft, vor allem in Form von öffentlichen Vorträgen und Diskussionen am Forschungskolleg.
Stifter und Sponsoren
Das zunächst auf fünf Jahre angelegte Historische Kolleg verdankt seinen Start dem Engagement privater und öffentlicher Unterstützer mit hoher Reputation in der Förderung von Wissenschaft und Kultur im Rhein-Main-Gebiet. Die Stadt Bad Homburg gehört ebenso dazu wie der Bad Homburger Unternehmer Stefan Quandt. Hauptsponsorin ist die Dagmar-Westberg-Stiftung.
(von li) Matthias Lutz-Bachmann (Direktor des Forschungskollegs Humanwissenschaften), Dagmar Westberg (Stifterin),Till van Rahden (Fellow des Historischen Kollegs), Ellinor Schweighöfer (Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Historischen Kollegs), Andreas Fahrmeir (Wissenschaftliche Leitung des Historischen Kollegs). Foto: Uwe Dettmar, 2014.
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Jahresthemen
Jahresthema 2014: »Die Welt um 1914«
2014 widmete sich das Historische Kolleg der Welt von 1914. »1914« wurde zum Ausgangspunkt für die Diskussion über ganz unterschiedliche Perspektiven auf den Beginn des ›Zeitalters der Extreme‹, wie Eric Hobsbawm das ›kurze‹ 20. Jahrhundert genannt hat. Dabei ging es um die Kontinuitäten und Diskontinuitäten zwischen dem ›Großen Krieg‹ und den Diktaturen der Zwischenkriegszeit ebenso wie um allgemeine Fragen danach, wie die Kriegserfahrung fundamentale Aspekte der Weltsicht veränderte – in ästhetischer Hinsicht, aber auch mit Blick auf politische und gesellschaftliche Ordnungsmuster, etwa das Verhältnis zwischen Mehrheit und Minderheit. Wichtig war ebenfalls eine Bestandsaufnahme, wie man die »Welt vor 1914« zwischen Beharren und Wandel, Moderne und Tradition, Kriegsbereitschaft und Friedenserwartung einordnen kann. Diese Auseinandersetzung fand im Rahmen verschiedener Veranstaltungsformate ? z.B. einer wissenschaftlichen Tagung, zahlreicher öffentlicher Vorträge oder einer Kunstausstellung ? statt. Die individuellen Forschungsprojekte der ans Kolleg eingeladenen Fellows trugen nicht nur zur Erforschung der Geschichte des Jahres 1914 bei, sondern sie warfen auch aktuelle Fragen der Geschichtswissenschaft auf.
Radierung aus dem »Totentanzzyklus« von Aloys Wach (1892?1940). Der Zyklus war von Mai bis August 2014 im Foyer des Forschungskollegs Humanwissenschaften zu sehen.
Fellows 2014
Veranstaltungen 2014
Eine Übersicht über die Veranstaltungen des Historischen Kollegs im Jahr 2014 finden Sie hier.
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Jahresthema 2015/16: »Varianten des Kapitalismus. Der Atlantische Raum und Asien«
Das Historische Kolleg im Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität lädt im akademischen Jahr 2015/16 zum neuen Nachdenken und zur Diskussion über die »Varianten des Kapitalismus – der atlantische Raum und Asien« nach Bad Homburg ein.
Die Entstehung des abendländischen Kapitalismus und seine von den Niederlanden und Großbritannien ausgehende – zunächst europäische, dann weltweite – Verbreitung sind ein historisches Phänomen von außerordentlicher Tragweite, das seit jeher das Interesse von Ökonomen, Soziologen und Historikern auf sich gezogen hat. Der lange Zeit auf Europa fixierte Blick hat sich dabei seit einigen Jahren – endlich, möchte man sagen – auch auf andere Weltregionen geweitet, so dass das dramatische Auseinanderfallen der Produktivitätsziffern der politischen Ökonomien im atlantischen und asiatischen Raum seit etwa 1800 nun als ein welthistorischer Prozess des Aufstiegs und relativen Niedergangs von Staaten und Kulturen betrachtet und beschrieben werden kann. Doch die genauen Ursachen dieser »Great Divergence« sind nach wie vor umstritten. Dasselbe gilt auch für die Frage, ob diese Divergenz derweil nicht längst in eine »Great Convergence« der im 20. Jahrhundert, dem Zeitalter der politischen Extreme, offenbar besonders vielfältigen Varianten des globalen Kapitalismus umgeschlagen ist.
Ausgehend von einem öffentlichen Abendvortrag des Sozialhistorikers Jürgen Kocka (Berlin) über Probleme einer vergleichenden Geschichte des modernen Kapitalismus, wird ein von Werner Plumpe, dem Programmbeauftragten des Historischen Kollegs für das Jahresthema 2015/16, gemeinsam mit Jürgen Kocka sowie dem Wirtschaftshistoriker Peer Vries (Wien) und dem Politikwissenschaftler Tobias ten Brink (Frankfurt am Main) gehaltenes Intensivseminar für Studierende, Doktoranden und einschlägig arbeitende Forscher im Juni 2015 versuchen, eine neue Perspektive auf die langfristige Evolution verschiedener Varianten des globalen Kapitalismus in der Atlantischen Welt und Asien, insbesondere in China, zu entwickeln – vom frühen 19. bis zum frühen 21. Jahrhundert.
Gleichzeitig ist dieses Seminar der Ausgangspunkt für eine kritische Überprüfung der grundlegenden Strukturmerkmale des modernen Kapitalismus, wie sie von der älteren Forschung herausgearbeitet und weithin akzeptiert wurden. Doch bei genauerem Hinsehen: Sind sie für die Entwicklung der je spezifischen Varianten des Kapitalismus in den verschiedenen Weltregionen des atlantischen und asiatischen Raums tatsächlich noch immer gültig? Das einführende Intensivseminar selbst wird den Schwerpunkt auf zwei der wichtigsten Strukturmerkmale des Kapitalismus legen: zum einen auf individuelle Eigentums- und Verfügungsrechte und private Unternehmen, zum anderen auf die Gewinn- und Nutzenorientierung der wirtschaftlichen Akteure und die Rolle preisbildender Märkte. Welchen Stellenwert besaßen diese Merkmale für die Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus in Europa, Amerika und Asien?
Es folgt eine Serie von interdisziplinären Workshops, in denen die Bedeutung anderer grundlegender Strukturmerkmale des Kapitalismus untersucht wird: Welchen Stellenwert besaß die viel zitierte »freie Lohnarbeit« in der historischen Realität? Wie wurden die Arbeitsbeziehungen und sozialen Sicherungssysteme politisch gestaltet? Welche Rolle spielte der gegenüber der Produktionssphäre bisher meist stark vernachlässigte private Konsum? Ist von einer wachsenden Bedeutung von Technik und Wissenschaft über die Jahrhunderte auszugehen? Welche Funktion besaßen Geld, Kredit und – politisch eingehegte oder liberalisierte – Kapitalmärkte für die Entstehung und Entfaltung der verschiedenen Varianten des Kapitalismus? Ergibt sich aus den Antworten auf all diese Fragen die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Neubestimmung der Strukturmerkmale des modernen Kapitalismus? Und ist es möglich, spezifische regionale Muster der langfristigen »Ko-evolution« von Ideen, Institutionen und Praktiken der wirtschaftlichen Akteure zu identifizieren und genauer zu beschreiben, die zur Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus in der atlantischen Welt und Asien bis in die Gegenwart hinein beitrugen?
Eine Abschlusskonferenz fragt schließlich – mit aktuellem, auch politischem Bezug – nach den sozialen Ungleichheiten, den immanenten Konflikten, aber auch nach der gesellschaftlichen Akzeptanz des Kapitalismus, die angesichts immer wiederkehrender, tiefgreifender Krisen eigentlich doch recht erstaunlich ist. Gemeinsam mit renommierten Forschern aus allen Weltregionen sollen die Schatten wie die Chancen des gegenwärtigen globalen Kapitalismus näher beleuchtet werden. Dabei wird es nicht zuletzt um die Wirkungszusammenhänge und möglichen Konsequenzen des wirtschaftlichen Aufstiegs von China gehen, das sich erstmals in seiner Geschichte überhaupt in die Weltwirtschaft zu integrieren scheint, was freilich mit dem relativen Niedergang des atlantischen Raums und mit der Herausbildung eines neuen, von wechselseitigen Abhängigkeiten geprägten chinesisch-amerikanischen Wirtschaftsraums einhergehen könnte: Niall Ferguson hat ihn – noch ganz diffus schillernd – »Chimerika« genannt. Wie auch immer, was bedeutet dies für Europa?
Veranstaltungen
Eine Übersicht über alle Veranstaltungen des Historischen Kollegs finden Sie hier.
Veranstaltungsberichte
Jürgen Kocka: »Probleme einer vergleichenden Geschichte des modernen Kapitalismus«, Vortrag vom 25.06.2015.
Den Bericht zum Vortrag finden Sie hier.
Andreas Eckert: »Kapitalismus auf dem vergessenen Kontinent: Die ›große Divergenz‹ seit 1800 und der Wandel von Arbeitsformen in Afrika«, Vortrag vom 26.10.2015.
Den Bericht zum Vortrag finden Sie hier.
Kontakt und Information zum Jarhesthema 2015/16:
Dr. Friederike Sattler: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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Jahresthema 2016/17: »Reformationen ? Kontinuitäten und Brüche«
Das Forschungskolleg Bad Homburg widmet der fünfhundertsten Wiederkehr der Thesenpublikation durch Martin Luther am 31.10.2017 in Wittenberg einen Themenschwerpunkt. Neben einigen öffentlichen Vorträgen durch namhafte Theologen, Juristen und Historiker werden mehrere Fellows im Kolleg Forschungszeit genießen können. Dies widmen sie Spezialaspekten der reformatorischen Bewegung in Europa, die sich von Wittenberg ausgehend in ganz Europa verbreitete, aber je unterschiedliche regionale Wirkungen hatte. Deshalb auch ist die enge Verzahnung von Religion und Politik, die eine der wesentlichen Folgewirkungen der Reformation war, in allen Teilen Europas unterschiedlich dicht vollzogen worden. Das ursprünglich geistliche Reformanliegen wandelte sich in dieser Verzahnung zu einem theologiepolitischen; in der Forschung ist deshalb auch oft von einer »politischen Theologie« gesprochen worden.
Diese Interpretation soll in einigen öffentlichen Vorträgen thematisiert werden, ist sie doch eine der viel diskutierten und kritisierten »unbeabsichtigten Nebenfolgen« des reformatorischen Aufbruchs. Die daraus abgeleiteten Deutungen u.a. vom stets obrigkeitsgläubigen Lutheraner und dem stets demokratieverbundenen Calvinisten sollen in ihrer Entstehung erklärt werden. Das Ziel des Themenjahrs besteht nicht zuletzt darin, durch die Freilegung solcher zeitgebundener Deutungsmuster den Kern des reformatorischen Anliegens auch für die Gegenwart wieder besser verständlich zu machen.
Fellows 2016/17
Veranstaltungen
Eine Übersicht über alle Veranstaltungen des Historischen Kollegs finden Sie hier.
Veranstaltungsberichte
Volker Leppin: »Es gibt einen fremden Luther«, Vortrag vom 05.11.2015.
Den Bericht zum Vortrag finden Sie hier.
Tagungsbericht: Die frühe Historisierung der Reformation. Reformation und Reformatoren in Biographien, Enzyklopädien und Geschichtsschreibung des späten 16., 17. und 18. Jahrhunderts, 02.03.2017 – 03.03.2017 Bad Homburg, in: H-Soz-Kult, 13.06.2017. Den Tagungsbericht finden Sie hier.
Kontakt und Information:
Ellinor Schweighöfer: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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Jahresthema 2017: »Imperien und ihr Ende«
Das Historische Kolleg im Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität widmet das Jahr 2017 dem Thema: »Imperien und ihr Ende«. Das Forschungsprgoramm wird von Christoph Cornelißen (Professor für Neueste Geschichte, Goethe-Universität) und Professor Dr. Thomas Duve (Professor für vergleichende Rechtsgeschichte, Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main) wissenschaftlich geleitet.
Das Ende von Imperien: Frühneuzeitliche Perspektiven
Die europäische Frühen Neuzeit wird durch zwei epochale Ereignisse markiert: Die Entdeckung Amerikas und die Französische Revolution. Beide bedeuten zugleich das Ende und den Beginn imperialer Strukturen. Die iberischen Monarchien etablieren ihre Herrschaft in Amerika, Afrika und Asien mit ganz unterschiedlichen imperialen Strategien. In Lateinamerika kommen das Reich der Azteken und großflächige politische Herrschaftsgebilde wie das der Inka an ihr Ende; in Asien sind die Konstellationen ganz anders. 300 Jahre später stehen das spanische und bald auch das portugiesische Imperium vor dem Zusammenbruch. Die Unabhängigkeitsbewegung in Hispanoamerika nimmt ihren Lauf, nicht zuletzt ausgelöst durch die Machtverschiebungen in Europa und den Aufstieg des französischen Empire.
Wie verarbeiteten Zeitgenossen das Ende der politischen und kulturellen Ordnungen? Wie erklärten die Begründer der Imperien ihre Erfolge? Wie interpretiert die Historiographie heute den Beginn und das Ende dieser Imperien? - Besondere Aufmerksamkeit soll dabei den normativen Grundlagen imperialer Herrschaft gewidmet werden: Welche Rolle spielte ›Recht‹ bei der Konstitution von Imperien? In welchem Maße bauten die neuen Ordnungen auf bestehenden normativen und institutionellen Strukturen auf? Welche Ressourcen wurden genutzt? Was bedeutete das für die europäischen normativen Systeme selbst?
Das Ende von Imperien: Rechtshistorische Perspektiven
Das Ende von Imperien wird nicht selten durch Rechtsakte markiert. Meist sind diese zugleich Gründungsdokumente einer neuen Ordnung. Anfang und Ende scheinen in ihnen zusammenzufallen. Ein Blick auf die Geschichte Lateinamerikas verdeutlicht dies: Die sog. päpstliche Schenkung an die katholischen Könige von 1493 und die Verträge von Tordesillas von 1494, für manche der Beginn einer neuen Weltordnung, waren zugleich der Anfang vom Ende des Imperiums der Inka. Die lateinamerikanischen Unabhängigkeitserklärungen nach 1810 wiederum besiegelten das Ende der iberischen Imperien und ließen die bis heute reichende nationalstaatliche Struktur entstehen.
Verdichten sich in Rechtsakten langanhaltende und komplexe historische Transformationen, so kommt ihnen hohe symbolische Bedeutung zu. Sie geben uns die für unsere Erinnerungsregime so wichtigen Daten, lassen ein ›Vorher‹ und ›Nachher‹ konstruieren, entfalten dadurch eine zusätzliche Wirkung ganz eigener Art. Blickt man näher hin, so entdeckt man neben dieser durchaus transformatorischen Dimension von Recht allerdings auch dessen Resilienz, das retardierende Moment, seine strukturelle Konservativität. Verfassungs- und politische Ordnungen mögen sich ändern, das geltende Recht kann davon erstaunlich unberührt bleiben. Institutionelle Logiken, Diskurse und Praktiken ändern sich nicht von heute auf morgen. Oft domestizieren sie die groß gedachten politischen Veränderungen. Im 19. und 20. Jahrhundert bildete sich neben der nationalstaatlichen Ordnung zudem eine inter- und transnationale normative Ordnung heraus, die von manchen als Perpetuierung kolonialer Strukturen angesehen wird, als ein informelles, aber nicht weniger bedeutendes Imperium. Das legt die Frage nahe, wann Imperien denn wirklich ›zu Ende‹ sind. Wie weit reicht die prägende Kraft ihrer normativen Ordnung in eine neue Zeit hinein?
Solche rechtshistorischen Fragen sollen im Themenjahr 2017 in einer Reihe von wissenschaftlichen Veranstaltungen insbesondere anhand von historischer Forschung zur europäisch-lateinamerikanischen Welt der Frühen Neuzeit diskutiert werden. Es soll konkret darum gehen, wie spanische Konquistadoren sich der bestehenden normativen Strukturen bedienten, um ihre eigene Ordnung zu etablieren; welche theoretischen Reflexionen über die räumliche Dimension des Rechts sich in der spanischen Monarchie, insbesondere in der Schule von Salamanca, beobachten lassen; wie lange die normativen Strukturen des spanischen Imperiums das 19. Jahrhundert prägten; und in welchem Maße auch unser heutiges Rechtssystem imperiale Züge aus dieser scheinbar lang vergangenen Vergangenheit trägt. Die Veranstaltungen werden durchgeführt in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt, und dem DFG-Sonderforschungsbereich ›Schwächediskurse und Ressourcenregime‹, Frankfurt.
Das Ende der Imperien: Spätneuzeitliche Perspektiven
In der Geschichte der modernen Imperien stellen die Jahre 1917-18 eine Schlüsselphase dar. Denn unter dem Ansturm der bolschewistischen Revolution sowie angesichts der militärischen und gesellschaftlichen Herausforderungen im Ersten Weltkrieg brachen die multiethnischen Imperien Europas zusammen und ebneten damit dem Siegeszug der modernen Nationalstaatsidee einen Weg. Gleichzeitig zog ihr Untergang einen massiven Umbau der politischen Ordnung in den vormals außereuropäischen Herrschaftsräumen nach sich. Von der Geschichtsschreibung sind diese Entwicklungen lange als ein mehr oder minder unausweichlicher Prozess beschrieben worden. Nach dem Ende des Kalten Krieges sowie im Gefolge einer neuerlichen Welle des Nationalismus in Europa ist diese teleologische Sichtweise jedoch immer stärker hinterfragt worden. Vor diesem Hintergrund bietet die neue Imperialgeschichte inzwischen ein weitaus differenzierteres Bild sowohl der politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als auch der inneren Funktionsmechanismen der multinationalen Reiche bis in das Jahr 1918.
Wie stand es um die außen- und innenpolitische Stabilität der multinationalen Imperien in Europa vor 1917/18? Welche Rolle spielte dabei das Verhältnis von Multiethnizität und imperialer Herrschaft, und wie verhält es sich dabei mit der Idee der nationalen Selbstbestimmung? Wie erklärt sich außerdem der langfristige Deutungswandel der Geschichtswissenschaft? Bei der Beantwortung dieser Fragen sollen nicht zuletzt auch die globalen Auswirkungen des Zusammenbruchs der europäischen Imperien thematisiert werden. Dabei gerät ebenfalls das Britische Empire in den Blick, denn als einziges ›europäisches‹ Imperium vermochte es über die Schwelle des Jahres 1918 hinaus sein Herrschaftsgebiet auszudehnen, sah sich aber dann ebenfalls schon bald nach 1918 Forderungen nach nationaler Unabhängigkeit in seinen überseeischen Territorien ausgesetzt.
Das Imperium im Wandel der Zeit
Was ist ein Imperium? Obwohl der Begriff in aller Munde ist, verdeutlichte Thomas Maissen, dass sich die Frage nach dessen Definition durchaus lohnt: Imperien zeichnen sich durch eine große Ausdehnung aus, durch Kolonien in Übersee, durch ein monarchisches Haupt, durch den Anspruch universell und unbegrenzt – ein Weltreich – zu sein, durch eine imperiale Mission (ganz klassisch etwa die Pax Romana), durch Expansion, Plurireligiösität, Multiethnizität, abgestufte Autonomien im Inneren, eine einheitliche Außen- und Verteidigungspolitik, aber keine Vereinheitlichung von Rechtsordnungen im Inneren. Doch sind diese Definitionskriterien insgesamt nur bedingt gültig. Bei einigen der Kriterien ist schnell ein prominentes Gegenbeispiel zur Hand. So hatte zum Beispiel das »Amerikanische Imperium« nie Kolonien im eigentlichen Sinne.
Genauso vielschichtig wie der Begriff selbst erscheint die historische Genese des »Imperiums« sowie die seiner Bedeutung und Bewertung im Laufe der Zeit. Das von lat. »imperare« (befehlen) abgeleitete Wort meinte in der Römischen Republik zunächst die persönliche Befehlsgewalt der obersten Amtsträger. Ab dem 1. Jh. n. Chr. bezeichnete es zusätzlich das Objekt der Herrschaftsgewalt, also den unterworfenen Gegenstand. In der Spätantike trat neben die bis dahin dominante Konnotation dieses Gegenstandes mit zeitlicher und räumlicher Unbegrenztheit das Bewusstsein für dessen Vergänglichkeit. Das Römische Reich wurde als im Untergang begriffen, doch es schien keine plausible Alternative zur Vorstellung der »Roma eterna« zu geben, die sich in verschiedenen Spielarten durch die Jahrhunderte zog bis hin zur Imagination des tausendjährigen Reiches durch die Nationalsozialisten.
Die auf das Buch Daniel zurückgehende und von Hieronymus auf Babylon, Persien, Griechenland und das Römische Imperium übertragene Lehre von den vier einander ablösenden Weltreichen, denen das Weltenende folgen würde, mündete in dem Konzept einer »Translatio imperii«, nach dem das Römische Reich nicht unterging, sondern sogenannten im Heiligen Römischen Reich bzw. dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation bis 1806 fortbestand. Obwohl die frühesten Christen das ewige römische Imperium als ebenso falsch abgelehnt hatten wie die römischen Götter, hatte es also eine heilsgeschichtliche Dimension.
Die Denker der Renaissance trauerten dem Römischen Imperium nach und wiesen das Deutsche Reich als Erbe der barbarischen Goten zurück, die Rom zerstört hatten. Im Reich Karls V. (1500 – 1558), in dem die Sonne nie unterging, gelangte der Idealtypus eines Imperiums trotzdem noch einmal zur Blüte. Doch seine Universalreichspläne scheiterten nicht zuletzt am Widerstand der Franzosen, den Vorreitern des staatlichen Souveränitätsgedankens. Bis heute gilt der souveräne (National-)Staat als Gegensatz des Imperiums, das vor diesem Hintergrund eher als Machtstruktur denn als Institution zu verstehen ist.
Fellows 2017/18
Veranstaltungen
Eine Übersicht über alle Veranstaltungen des Historischen Kollegs finden Sie hier.
Veranstaltungsberichte
Thomas Maissen: »Das Ende der Imperien: epochenübergreifende Überlegungen«, Vortrag vom 30.01.2017.
Den Bericht zum Vortrag finden Sie hier.
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Jahresthema 2018: »Christianisierungen in der Spätantike«
Zu den weltgeschichtlich folgenschwersten Entwicklungen der Antike gehört, dass die Mittelmeerwelt christlich wurde. Das ist ein vielschichtiger Prozess, da in verschiedenen gesellschaftlichen Feldern unterschiedliche Prozesse der Christianisierung stattfanden. So entstanden etwa im Bereich der Sexualethik ganz neue Normen, die nicht die Pflicht zur Kinderzeugung ins Zentrum rückten, sondern die Kontrolle über die eigenen Laster. In anderen Bereichen wie der Philosophie wurden nicht-christliche antike Formen weitergeführt. Ebenso wenig erfolgte die Entwicklung zur Christianisierung des Reiches linear: So führte die Hinwendung Constantin des Großen zum Christentum im Jahr 312 nicht dazu, dass sofort das ganz Reich christlich überformt wurde, vielmehr wurden manche Felder – etwa die kaiserliche Selbstdarstellung – religiös neutralisiert: Man verzichtete darauf, die religiösen Differenzen zu thematisieren.
Im Themenjahr »Christianisierungen« sollen diese komplexen Zusammenhänge beleuchtet und an eine breitere Öffentlichkeit vermittelt werden. Dazu werden einerseits wissenschaftliche Tagungen stattfinden, die Spezialisten aus aller Welt nach Bad Homburg führen, andererseits öffentliche Vorträge. Ferner werden wir Formen der Zusammenarbeit mit Schulen erproben. Nicht zuletzt wird ein Fellow den Spuren des spätantiken Christentums in Bad Homburg nachgehen und dies durch Führungen an Interessierte vermitteln. Auf diese Weise soll die Forschung auf eine neue Basis gestellt, aber auch die Öffentlichkeit über die neuesten Forschungsergebnisse in Kenntnis gesetzt werden.
Das Themenjahr wird von Hartmut Leppin, Professor für Alte Geschichte an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, wissenschaftlich geleitet.
Fellows 2018/19
Veranstaltungen
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