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Fellows Politische Philosophen liefern keine Patentrezepte, eher grundlegende Reflexionen, mit deren Hilfe gesellschaftliche Konstellationen gedeutet und Prinzipien für Veränderungen formuliert werden. Gleichwohl können sie sich neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit auch als öffentliche Intellektuelle engagieren, was vielleicht umso lohnenswerter erscheint, desto stärker die jeweiligen Verhältnisse im Umbruch sind. Der tunesische Philosophieprofessor Ali-Ridha Chennoufi setzt sich in seinem Heimatland für eine effektivere Kooperation der demokratischen Parteien der Mitte ein und ist zudem an der Konzeption einer neuen Verfassung beteiligt. Noch bis Ende April arbeitet Chennoufi, dessen wissenschaftliches Interesse vor allem Jürgen Habermas gilt, als Fellow am Forschungskolleg Humanwissenschaften. rnrnAli-Ridha Chennoufi ist Professor für Politische Philosophie an der Universität Tunis. Nach der Tunesischen Revolution wurde er 2011 zum Direktor des Instituts für Philosophie an der Universität gewählt. Über das philosophische Denken von Jürgen Habermas hat er ebenso publiziert wie über den indischen Gerechtigkeitsphilosophen und Wirtschaftsnobelpreisträger Amartya Sen und den Staatsrechtler Hans Kelsen, der vor rund 90 Jahren maßgeblich an der Ausarbeitung der österreichischen Verfassung beteiligt war und später vor den Nazis flüchtete. Bei seinem Aufenthalt kooperiert Chennoufi mit dem Frankfurter Rechtsprofessor Klaus Günther, Mitglied des Direktoriums am Forschungskolleg und Co-Sprecher des Exzellenzclusters »Die Herausbildung normativer Ordnungen« an der Goethe-Universität. Klaus Günther hatte den tunesischen Gelehrten im Namen des Forschungskollegs nach Bad Homburg eingeladen. Der Besuch wird aus Mitteln des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft gefördert. rnrnÜber ausgewählte Aspekte des Themas, mit dem sich Chennoufi in Bad Homburg beschäftigt, wird er am 18. April am Forschungskolleg auch einen öffentlichen Vortrag halten. Grundsätzlich geht es, so der Titel seines Forschungsprojekts, um »Die politischen Umbrüche in Nordafrika: Tunesien, Libyen und Marokko«. Das Projekt analysiert die Veränderungen, die in jüngster Zeit vor allem in diesen nordafrikanischen Ländern stattgefunden haben. Dabei versucht Chennoufi zum einen, die Ursachen und Ziele dieser Veränderungen zu bestimmen, und zum anderen fragt er nach den sozialen Kräften, die sie vorangetrieben haben. Eine besondere Aufmerksamkeit gilt auch der Art und Weise, in der die auf demokratischem Weg an die Macht gekommenen islamistischen Parteien versuchen, den materiellen und politischen Forderungen ganzer Regionen zu begegnen ‒ Regionen, die seit Jahrzehnten in großem Elend gelebt haben. Ein zentraler Aspekt ist nicht zuletzt die Frage, ob der politische Islam fähig sein wird, sich an eine Welt mit demokratischer Staatsführung anzupassen oder ob er eine religiöse Diktatur einrichten will. rnrnAli-Ridha Chennoufi wird seinen Vortrag am Forschungskolleg auf Deutsch halten. Die Sprache wie auch das Land sind ihm schon seit längerer Zeit vertraut. Gefördert unter anderem vom Deutschen Akademischen Austauschdienst hat Chennoufi Anfang der 80er Jahre in Deutschland studiert – vor allem als Assistent des renommierten Hegelforschers Karl Heinz Ilting an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. (FKH - 02.04.2012)
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