Das Historische Kolleg ist eröffnet
Freiheit und Konzentration
Der Anspruch ist groß, die Messlatte hoch. Gestern wurde das Historische Kolleg im Forschungskolleg Humanwissenschaften eröffnet. Fünf Jahre lang sollen hier Wissenschaftler und Studierende die Möglichkeit haben, zu bestimmten Themen zu forschen.
Von Alexander Wächtershäuser
Bad Homburg. Fragt man Prof. Dr. Dr. Matthias Lutz-Bachmann, Direktor des Forschungskollegs Humanwissenschaften in der Reimers-Villa am Wingertsberg, so versteht er sich als Brückenbauer. Und mit der neuen "Forschungslinie", die gestern eröffnet wurde, habe man eine Brücke von Bad Homburg zum Campus Westend der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität geschlagen, wo deren Geisteswissenschaften mittlerweile beheimatet sind. Über diese Brücke, so Lutz-Bachmann, hoffe er, in Zukunft möglichst viele Wissenschaftler und Studierende von Frankfurt nach Bad Homburg und umgekehrt leiten zu können.
Vorgegebene Themen
Die Brücke verbindet das gestern eröffnete "Historische Kolleg Geschichtswissenschaft" im Forschungskolleg Humanwissenschaften der Uni Frankfurt und der Reimers-Stiftung mit dem universitären Betrieb der Mainmetropole. In den kommenden fünf Jahren werden hier Wissenschaftler zu vorgegebenen Jahresthemen forschen. Die Federführung dazu hat das Historische Seminar der Goethe-Uni übernommen. Das Jahresthema für 2014 "Die Welt um 1914" sei angesichts des 100. Jahrestages des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs nahe liegend gewesen, sagte Prof. Dr. Andreas Fahrmeir, Koordinator des Historischen Kollegs. Als Fellow, also Gastwissenschaftler zu diesem Thema, konnten Prof. Dr. Christopher Clark und Prof. Dr. Gustavo Corni gewonnen werden. Beide nahmen auch an der gestrigen Podiumsdiskussion teil, der offiziellen Eröffnungsveranstaltung des Historischen Kollegs.
Als weitere Themen wurden ausgewählt: für 2015 "Varianten des Kapitalismus Der atlantische Raum und Asien", für 2016 "Reformationen Kotinuitäten und Brüche", für 2017 "Imperien und ihr Ende" sowie für 2018 "Christianisierung der Spätantike". Insgesamt ist für das Kolleg ein Finanzrahmen von 500 000 Euro, also 100 000 Euro pro Themenjahr, vorgesehen, die durch Sponsoren der Dagmar-Westberg-Stiftung, Stephan Quandt sowie der Stadt Bad Homburg erbracht werden.
Das Historische Kolleg versteht sich wie das gesamte Forschungskolleg keineswegs als ein Elfenbeinturm der Wissenschaft, vielmehr suche man den Kontakt zur Öffentlichkeit. Dass Fellow Gustavo Corni das KFG besucht und dort mit den Schülern diskutiert habe, sei ein "gutes Beispiel", erläuterte Ellinor Schweighöfer, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Kollegs. Ebenso zähle dazu die gemeinsame, mit der Schlösserverwaltung konzipierte Vortragsreihe "Kaiser Wilhelm II. und seine Zeit".
Ergebnisoffenes Forschen
Das Kolleg als Forschungsort erfreue sich großer Beliebtheit, sagte Lutz-Bachmann. Der Rechtshistoriker Prof. Dr. Thomas Duve fasste den in Homburg herrschenden Geist so zusammen: Hier herrsche Freiheit von den üblichen Zwängen des universitären Treibens, die Freiheit zum Nachdenken erlaubt, das Umfeld ermögliche eine ungeteilte Konzentration auf das Wesentliche.
Das bedeute aber nicht, dass am Ende eines jeden Forschungsaufenthalts eines Fellows ein konkretes Ergebnis stehe. Wenn sich herausstelle, dass die Forschung in eine Sackgasse führe, so sei das eben auch ein Ergebnis, das man hinnehmen müsse und das die Forschung voranbringe, ergänzte Lutz-Bachmann.
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