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Was ist Neoliberalismus?rnEine neue Diskussionsgruppe am Forschungskolleg
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Von Alexander Leveringhaus (Fellow am Forschungskolleg)
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In den Talkshows, den Feuilletons und auf Demos hört man es immer wieder: ein Gespenst geht um in Europa! Das Gespenst des Neoliberalismus! Bankenrettung, Eurokrise, Guido Westerwelle, Primat des Marktes vor der Politik, Sozialstaatsreform, stagnierende Einkommen, Ökonomisierung der Bildung, und, last but not least, sogar der allgegenwärtige »Burn-Out«. Glaubt man der öffentlichen Debatte und den Aussagen einiger Politiker und Aktivisten quer durch alle Lager, dann gibt es für diese Phänomene nur eine Erklärung: den Neoliberalismus.
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Dieser Terminus wird gemeinhin auf das gesellschafts- und wirtschaftspolitische Ordnungsmodell angewendet, das im Zuge der Politik von Margaret Thatcher und Ronald Reagan in den 80er Jahren etabliert und von Tony Blair, Bill Clinton und Gerhard Schröder in den 90er Jahren weitergeführt wurde. Er steht für freie Märkte, Deregulierung, den Aufstieg des Finanzsektors, die erneute Betonung individueller Verantwortung, und, in den berühmten Worten Margaret Thatchers, den Versuch, »die Grenzen des Staates zurückzurollen« (›rolling back the frontiers of the state‹). In der Tat wird wohl in letzter Zeit kein Begriff so überstrapaziert wie der des Neoliberalismus. Während einige Politiker und Intellektuelle in ihm eine Chance sehen, Wirtschaft und Individuum aus der Umklammerung eines stetig wuchernden Staatswesens zu befreien, argumentieren seine Kritiker, dass die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise im Grunde das Versagen neoliberaler Politik auf bedrückende Weise aufzeigt. Um diese Aussagen adäquat zu beurteilen, muss man sich allerdings ein möglichst genaues Bild neoliberalen Denkens verschaffen. Was ist das überhaupt – Neoliberalismus?
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Um dieser Frage nachzugehen, haben die diesjährigen Fellows des Forschungskolleg Humanwissenschaften (FKH) eine Lese- und Diskussionsgruppe gegründet. Denn der Neoliberalismus ist weitaus komplexer, als die zeitgenössischen medialen und politischen Debatten suggerieren. Die wirtschaftspolitischen Ansichten vieler Neoliberaler sind interessanterweise nicht alleinig das Resultat wirtschaftswissenschaftlicher Betrachtungsweisen. Im Gegenteil: Sie sind oft das Ergebnis ambitionierter philosophischer und theoretischer Reflexionen. So spielt zum Beispiel die Idee des Rechtstaates eine wichtige Rolle in der neoliberalen Theorie. Ferner ist es ein Hauptanliegen neoliberaler Denker herauszufinden, wie freie und gleiche Individuen in einer pluralistischen Gesellschaft, in der es viele verschiedene Lebensentwürfe gibt, in einer freiheitlichen Kultur friedlich miteinander leben können. Diese Nuancen neoliberalen Denkens, die leider in der zeitgenössischen Debatte vollkommen verloren gehen, versucht die Diskussionsgruppe stärker herauszuarbeiten, um sie einer kritischen Analyse zu unterziehen.
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Diskussionsgrundlage hierfür bildet das 2010 bei Oxford University Press erschienene Buch »The Neoliberal State« des angesehenen britischen Politiktheoretikers und Philosophen Raymond Plant, der zurzeit als Professor für Rechtsphilosophie und politische Philosophie am King‘s College London lehrt. Prof. Plant, der unter anderem eine im englischsprachigen Kulturraum einflussreiche Abhandlung zur politischen Philosophie Hegels verfasst hat, gilt weit über die Grenzen Großbritanniens hinweg als ausgewiesener Kenner der neoliberalen Gesellschaftstheorie und der konservativen Rechten. Aber Prof. Plants Expertise beruht nicht nur auf seiner Arbeit im »Elfenbeinturn« der zeitgenössischen Philosophie, sondern auch auf seinen praktischen Erfahrungen in der Politik, die er als langjähriges Mitglied – teils in einflussreichen Positionen – der britischen Labour Partei gesammelt hat. Als Auszeichnung für seine politischen Arbeit wurde er 1992 zum Lord ernannt (genauer gesagt: Lord Plant of Highfield) und ins britische Oberhaus (House of Lords) berufen, wo er seitdem die Labour Partei vertritt. Die Fellows des FKHs freuen sich, dass Lord Plant auf Einladung der Diskussionsgruppe nach Bad Homburg reisen wird, um einige seiner Thesen zur Entwicklung neoliberaler Gesellschaftstheorie zu diskutieren. Somit bekommt das FKH Besuch eines britischen Lords!
(FKH - 22.10.2011)
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