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Gerechtigkeit und KlimawandelrnDarrel Moellendorf analysiert die moralischen Anforderungen der weltweiten Erderwärmungrnrn
»Die richtigen Antworten auf den von Menschen versursachten Klimawandel zu finden, ist eine der wichtigsten Herausforderungen für die Menschheit«, sagt Darrel Moellendorf von der San Diego State University in Kalifornien. Der Philosophieprofessor ist Gastwissenschaftler der Forschergruppe »Justitia Amplificata« an der Goethe-Universität. Er wird nun für ein Jahr, bis Juli 2013, als Fellow am Forschungskolleg Humanwissenschaften leben und arbeiten. rnrn
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Moellendorf will in Bad Homburg an zwei Buchmanuskripten schreiben. Das eine trägt den Arbeitstitel »Dangerous Climate Change: Morality, Sustainable Development, and Policy«. Es soll bei Cambridge University Press erscheinen und sich an ein breiteres Publikum wenden. Die zweite Publikation richtet sich vorrangig an Fachkreise und behandelt das Thema der Gerechtigkeit zwischen Generationen.rnrnrn
Wenn Darrel Moellendorf von dringend benötigten Antworten auf den »climate change«, den Klimawandel spricht, meint er vor allem philosophische und hier insbesondere moralische Erwägungen: »Natur- und Technikwissenschaften sind unverzichtbar, weil sie uns mit empirischen Daten versorgen und wichtige Einschätzungen bereitstellen. Die abwägende Entscheidung, wie auf dieser Grundlage zu handeln ist, kann uns die Wissenschaft aber nicht abnehmen.« rnrn
Moellendorf verweist auf das Beispiel eines Bergsteigers, der sich vor einer geplanten Tour medizinisch untersuchen lässt. Auch hier böten Diagnose und Empfehlung des Arztes nur eine erste Grundlage für die eigentliche Entscheidung. Ob die Kletterpartie wirklich angetreten werde, hänge von den Prioritäten des Alpinsportlers ab und dabei maßgeblich von der Frage, ob es sich für ihn lohne, die möglichen Risiken einzugehen.rnrnrn
Der institutionelle Rahmen, in dem es um den Klimawandel, seine Einschätzung und mögliche Gegenmaßnahmen geht, ist die 1992 ins Leben gerufene Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, die »United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC)«. In seinem eher populärwissenschaftlich angelegten Buch »Dangerous Climate Change« nimmt Moellendorf die UNFCCC zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen. Ihm geht es dabei auch um eine philosophische Verteidigung der dort formulierten Normen. Denn das Abkommen biete die bestmögliche Basis für eine vernünftige Übereinkunft im Umgang mit dem Klimawandel.rnrn
Laut UNFCCC liegt das zentrale Ziel darin, »die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene«, also von Menschen verursachte, »Störung des Klimasystems verhindert wird«. Was genau »gefährlich« meint, lässt die Konvention allerdings offen. Zu den Fragen, die Moellendorf in seinem Buch erörtern will, gehört auch eine nähere Definition des Begriffs »gefährlich« im Zusammenhang mit den Abwägungen bei Klimaschutzmaßnahmen. rnrn
Beispielsweise sind weniger entwickelte Länder bei ihrer Energiegewinnung auf die nach wie vor relativ billigen fossilen Brennstoffe angewiesen. Wenn diese Länder, um ihren CO2-Ausstoß zu vermindern, weniger Kohle verfeuern dürften, könnte das ihre weitere Entwicklung nicht nur hemmen, sondern zu noch größerer Armut und Sterblichkeit führen. Auch CO2-Vermeidung könnte also »gefährliche« Folgen haben.rnrn
Auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die UNFCCC jedem Staat ausdrücklich das Recht auf eine nachhaltige Entwicklung zuspricht, plädiert Darrel Moellendorf etwa dafür, dass weniger entwickelten Ländern das Recht zugestanden wird, zumindest für eine Übergangszeit und in eng gesteckten Grenzen, relativ mehr CO2 auszustoßen als die entwickelten Länder, die ihre Emissionen einseitig drosseln müssten. Der Gesamtausstoß sollte dabei alles in allem gesenkt werden.rnrn
Die von Moellendorf befürwortete einseitige Emissionsreduktion der entwickelten Länder, deren Wohlstand nicht zuletzt mit einer langen Phase der CO2-Produktion verbunden ist, versteht der Philosoph als einen Fall von verteilender und ausgleichender Gerechtigkeit zwischen gleichzeitig Lebenden und ihren unmittelbaren Nachkommen. Neben dieser, wie Moellendorf sie nennt, »horizontalen« Ebene der Gleichzeitigkeit gibt es aber auch noch die »vertikale« Ebene, die von der Gegenwart in die Zukunft führt: »CO2-Partikel verbleiben noch für hunderte von Jahren in der Atmosphäre. Deshalb gehören zu den moralischen Anforderungen des Klimawandels ganz unbedingt auch Diskussionen über die Gerechtigkeit zwischen Generationen.«rnrn
Dem Problem der »intergenerational justice« im Zusammenhang mit dem Klimawandel wird sich der Gerechtigkeitsphilosoph vor allem auch in seiner philosophischen Fachpublikation widmen. Dort will er verschiedene philosophische Ansätze und Betrachtungsweisen miteinander vergleichen und Gründe benennen, dass es sich auch bei der Generationengerechtigkeit um eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit zwischen Gruppen handelt – in diesem Fall Gruppen, die nicht mit-, sondern nacheinander leben. rnrn
Ein wichtiges Argument lautet, dass die heute Lebenden die Rechte und das Wohlergehen der Zukünftigen achten müssen. Andererseits aber könnten die in der Zukunft Lebenden Vorteile davon haben, dass sich die Heutigen unter Opfern einschränken. Und, wer weiß: Vielleicht gibt es ja in einigen Jahrzehnten Technologien, mit dem Klimawandel umzugehen und auf heute noch ungeahnte Art Energie zu erzeugen. Hätten die aktuellen Erdbewohner für ihren Verzicht und die technologischen Vorarbeiten dann das Recht auf eine »ausgleichende Leistung« und wie könnte diese aussehen? Gerechterweise – so Moellendorf – müssten die Kosten und Nutzen auch über die Generationen hinweg gleichmäßig verteilt werden.
(FKH - 23.08.2012)
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